Der Agile Service Manager erweitert durch Anwendung seines agilen Mindsets die Sichtweisen von Kunden und Process Ownern beim Verständnis des Zusammenspiels von Geschäftswerten und Prozessen.
Agilität im Service Management
Wie bereits im Artikel zur bimodalen Arbeitsweise angekündigt, gehen wir hier ein wenig stärker auf das agile Service Management ein. Kurz zur Erinnerung: DevOps als Philosophie kümmert sich mit seinen 5 Prinzipien CALMS
C – Culture
A – Automation
L – Lean
M – Measurement
S – Sharing
um eine möglichst reibungslose Verbindung zwischen der Entwicklung und dem Betrieb von IT-Lösungen. Hier unterstützt eine Vielzahl an Lösungsansätzen, v.a. aber die Entwicklung, Weiterentwicklung und Anwendung von agilen Methodiken (wie beispielweise SCRUM).
Agiles Service Management
Dabei ist es wichtig zu erwähnen, dass wir bei Agilität nicht ausschließlich über Schnelligkeit sprechen. Wenn wir uns den Ursprung des Wortes „agil“ näher anschauen, bedeutet es gemäß dem lateinischen „agilis“ so viel wie wendig, regsam, oder auch beweglich. In der komplexen IT mit ihrer drastischen Zunahme an Veränderungen und den einhergehenden Unsicherheiten – einigen vielleicht auch unter der VUCA-Welt (volatility, uncertainty, complexity, ambiguity) bekannt – gilt es eine IT mit großer Wendigkeit zu schaffen, um auf vorhersehbare und, wesentlich wichtiger, auf unvorhersehbare Ereignisse besser und schneller reagieren zu können.
Nun stehen wir allerdings vor der Herausforderung, die in der Entwicklung gelebten agilen Methodiken in den Regelbetrieb zu übernehmen und auch dort beizubehalten. Wie schaffen wir das?
Das DevOps Institute setzt seinen Schwerpunkt beim agilen Service Management auf die Anwendung von agilen Methodiken beim Design von IT Service Management Prozessen sowie deren kontinuierlicher Verbesserung.
Aber zunächst vielleicht noch einen Schritt zurück: Was versprechen wir uns eigentlich nun von der Nutzung agiler Praktiken? Wofür benötigen wir die Wendigkeit in der IT und im Unternehmen?
1. Schneller Start der Wertschöpfung
Kleine Änderungen, wie beispielsweise Funktionserweiterungen im SAP, können wesentlich schneller in den operativen Betrieb übergehen und somit die Time-to-Market gegenüber großen Releases stark verkürzen (Abb. 1).
2. Fähigkeit zur Änderung
Änderungen in inkrementellen Schritten durchzuführen birgt den Vorteil, frühzeitig bei Abweichungen vom großen Ziel entgegen zu steuern. (KAIZEN Prinzip) So bleibt die Fähigkeit zur Änderung und somit die Wendigkeit über die Zeit erhalten (Abb. 2).
3. Schaffung von Transparenz
Änderungen in kleinen Schritten durchzuführen gepaart mit schnellem Feedback an die Stakeholder, Interne als auch Externe, erhöhen die Sichtbarkeit von Änderungen drastisch. (KAIZEN Prinzip) Man wirkt großen, einschneidenden Veränderungen entgegen indem man sie stückweise einführt. So schafft man Transparenz während des gesamten Service Lifcycle und baut Vertrauen bei allen involvierten Personen auf. Änderungen werden nachvollziehbar, die Akzeptanz steigt (Abb. 3).
4. Minimierung von Risiken
Das Risiko ist zu anfangs, bspw. bei Änderungen von IT Services, sehr hoch. Durch die Nutzung von iterativen Schritten ist ein „Fall-Back“ meist jedoch wesentlich weniger risikovoll behaftet. „Fail-Fast“ ist hier sogar erwünscht. Je eher wir in ein Risiko laufen, umso schneller können wir Lehren draus ziehen und uns verbessern. Chancen zur Gegensteuerung werden früher genutzt.
Da wir nun die generellen Vorteile der Nutzung von agilen Methodiken kennen, lassen Sie uns mit dem gewonnenen Wissen einen Blick in das Service Management machen. Dazu übertragen wir die Agilität in das uns bekannte und in seiner jetzigen Form schon recht betagte ITIL (Abb. 4).
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KAIZEN und KAIKAKU
Kaizen ist japanisch und steht für kontinuierliche Verbesserung mit kleinen, inkrementellen Änderungen. Es bedeutet übersetzt so viel wie Veränderung [Kai] zum Besseren. [zen]
Kaikaku ist das japanische Wort für „radical change“ und ist ein Geschäftskonzept, das grundlegende, transformatorische und radikale Veränderungen vornimmt, im Gegensatz zu Kaizen, das sich auf kleine Änderungen konzentriert.
(Quelle: Lean IT Association (LITA) )
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Hangeln wir uns an den drei Säulen Funktionen, Prozesse und Rollen der ITIL V3 entlang:
- Funktionen dienen dazu, verschiedene Teams, darunter zählen ebenfalls „One Man Shows“, zu bilden, welche Struktur und Stabilität in eine Organisation bringen.
- Prozesse beschreiben, wie Aktivitäten strukturiert umgesetzt werden.
- Rollen dienen dazu, Verantwortlichkeiten innerhalb wie auch außerhalb von Prozessen zu definieren.
Beispiel Funktionen: Agiles Service Management und der Service Desk
Als Beispielfunktion muss unser geliebter Service Desk herhalten. Durch seine strategisch wichtige Position als Single Point of Contact (SPOC) ist er maßgeblich am Erfolg eines gesunden IT-Unternehmens beteiligt. Um auch hier für Wendigkeit zu sorgen, sind insbesondere die Führungskräfte des Service Desks gefragt. Sie sollten sprichwörtlich „loslassen“ können! 🙂
Ein Service Desk Team, das selbstständig arbeitet und entscheidet, welche Aufgaben als Nächstes umzusetzen sind und so eigenständig Verbesserungsmaßnahmen für seine Arbeit einleitet, beschleunigt sämtliche Informationsflüsse zwischen Kunden, internen Abteilungen sowie dem Service Desk Team.
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ITIL®4 – Service Desk eine general management practice
Auch der Service Desk findet sich im neuen Best Practice Framework,diesmal in einer neuen Kategorie, wieder.
Nicht mehr „nur“ Funktion, sondern zukünftig in der ITIL®4 als General Management Practice deklariert, ist der Service Desk weiterhin eine zentrale Komponente des Service Managements.
Der Hauptzweck der Service Desk Practice hat sich gegenüber der ITIL®V3 nicht wirklich geändert. Er besteht weiterhin darin, die Nachfrage (demand) nach Störungsbehebung (incident solution) und Serviceanfragen (service requests) zu erfassen.
Der Service Desk bleibt nach wie vor Einstiegspunkt (single point of contact) sowie zentraler Ansprechpartner für den Service Provider mit allen seinen Benutzern.
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Beispiel Prozesse: Agiles Service Management und Continual Service Improvement
Wie sieht es mit bereits etablierten Prozessen aus? Wie schaffen wir es, ihnen Agilität zu injizieren? Eines vorweg: An dieser Stelle muss ich Sie vermutlich enttäuschen. Die Prozesse selber werden nicht agil. Aber das Prozessdesign und die Prozessverbesserung. Denn der Charakter eines Prozesses („wie komme ich von A nach B?“) wäre sonst nicht mehr gegeben.
Was liegt näher, als sich den Prozess herauszupicken, der optisch bereits den bekannten Kreisen des Evolutionary Developments, vielen als sogenannte Sprints, der Agilität ähnelt und die Verbesserung im Bauche trägt: dem Continual Service Improvement Prozess mit dem Shewhart Circle (zu Unrecht bezeichnet als Deming Circle oder vielen auch als PDCA Circle geläufig) (Grafik 1).
Vielleicht ist Ihnen schon aufgefallen, dass in den agilen Methodiken und Philosophien oftmals von „Continous“ die Rede ist, wie bspw. Continuous Integration, Continuous Delivery, Continuous Deployment oder auch Continuous Improvement. Jetzt treffen wir jedoch auf den Continual Service Improvement Prozess. Wie passen da Continual und Continuous zusammen?
Continual auf dem Weg zu Continous
Versuchen wir zuerst den Unterschied zwischen beiden doch sehr ähnlichen Wörtern herauszufinden. „Continual“ und „Continuous“ werden heutzutage oft nicht unterschieden und synonym für einander verwendet. Die primäre Definition von “Continual” ist übersetzt „häufig vorkommend“. Die primäre Definition von Continuous“ ist übersetzt „ununterbrochen“ oder unaufhörlich“. Einfach, oder? Machen wir dies an zwei einfachen Beispielen verständlich.
Dinge, die unaufhörlich sind oder ohne Unterbrechung existieren, sind „continuous“. Zum Beispiel sind der „Flow“ eines Flusses und die Bewegung der Planeten um die Sonne „continuous“, weil sie niemals pausieren. Dinge, die häufig auftreten oder periodisch wiederkehrend sind, sind „continual“. Es geschieht nicht unaufhörlich, aber es geschieht regelmäßig. Zum Beispiel sind Telefonanrufe zu einem belebten Büro und Abfahrten von einem Busbahnhof „continual“, da sie regelmäßig stattfinden, nicht jedoch in einem ununterbrochenen Strom.
„Continous“ und „continual“ im agilen Service Management: Die Grafik 2 soll verdeutlichen, dass wir nicht mehr auf die eine große Veränderung im IT Service Prozess warten, bis sie vielleicht sämtliche Gremien und Instanzen passiert hat. Stattdessen schaffen wir einen unaufhörlichen Fluss an Änderungen, lernen daraus.
Dies schließt nicht aus, dass bereits gereifte im Sinne von gefestigten und, Sie kennen sicherlich die Thematik, „Es wurde schon immer so gemacht“ Prozesse über Bord geworfen werden und die Reifung durchaus wieder von vorne beginnt. Ganz im Gegenteil, die Wendigkeit wird hiermit eingeläutet. Dadurch, dass die Prozesse auf eine agile Art und Weise kontinuierlich verbessert werden, passen wir den Prozess kontinuierlich immer wieder an die aktuell vorherrschenden Gegebenheiten an, lebt der Prozess agil.
Beispiel Rollen: Vom IT Service Manager zum Agile Service Manager
Der „Service Manager“ ist meist ein generischer Begriff für einen Manager innerhalb eines Service Providers. Er wird häufig verwendet, um einen Business Relationship Manager, einen Process Manager und einen Senior Manager zu bezeichnen, der für IT-Services verantwortlich ist. Ein Service Manager bedient dabei u.a. die Prozesse Business Relationship Management, Service Level Management und das Continual Service Improvement. (ITIL 2011 Edition – Service Operation). Er hat ein klares Verständnis über die Services, die zur Bereitstellung von Geschäftswerten erforderlich sind.
Der Agile Service Manager ergänzt die beschriebene klassische Service Manager Rolle um agile Werte und Praktiken. Durch seine Expertisen im Business Relationship Management und im Service Level Management, weiß er, wie der Betrieb von Services durchgeführt werden muss, um die Geschäftsanforderungen seiner internen und externen Kunden zu erfüllen.
Der Agile Service Manager erweitert durch Anwendung seines agilen Mindsets die Sichtweisen von Kunden und Process Ownern beim Verständnis des Zusammenspiels von Geschäftswerten und Prozessen. Er wird gemäß dem DevOps Institute (DOI) gerne auch als operatives Pendant zum, meist in der Softwareentwicklung beheimateten, Scrum Master bezeichnet.
Wichtig ist ebenfalls, Erfahrung im Bereich organisatorisches Change Management zu haben, da vieles, was diese Rolle leistet, die Erleichterung des Kulturwandels mit sich bringt. Er ist gleichzeitig Vermittler, Coach, Beschützer und ein echter Servant Leader. Denn ein Servant Leader konzentriert sich darauf, die Bedürfnisse Anderer frühzeitig zu erkennen und zu erfüllen. Das ist es, was ihn antreibt und motiviert, Einfluss zu nehmen und zu führen.
Wie auch schon in meinem vorherigen Artikel beschrieben, rücken hier Kommunikation und Zusammenarbeit in den Mittelpunkt. Sie werden zum Bindeglied zwischen dem Developement und dem Operations Management.
Als eines der weltweit führenden IT-Beratungshäuser mit breiter Expertise im Application Managment Services hat es NTT DATA Business Solutions von Beginn an verstanden frühzeitig agile Verhaltens- und Denkweisen zu berücksichtigen und das Servant Leadership in seinen People Values verankert.
Sie, lieber Kunde, und die NTT DATA Business Solutions sind eine starke Allianz in Sachen Agilität. Schaffen wir gemeinsam mehr Ideen für eine agile Zukunft!
-von Dirk Fuhrmann, Service Delivery Manager Managed Services, NTT DATA Business Solutions AG-
E-Mail: [email protected]